Die böhmische

 

Enklave von

 

Niederleutersdorf

 

 

Es ist kaum zu glauben, von 1635 bis 1849 gehörte ein größeres Gebiet von Leutersdorf zum Lande Böhmen. Dieses bildete eine Insel, eine sogenannte "Enklave", inmitten oberlausitzisch - sächsische Dörfer. Die verworrenen politischen und grundherrschaftlichen Verhältnisse stellten einen guten Nährboden für das Auftreten von Räuber- und Schmugglerbanden dar.

So hatte zum Beispiel der Räuberhauptmann, Johannes Karasek, sein Hauptquartier im westlichen Teil der Enklave. Das war der Gerichtskretscham zu Neuwalde, auch Greibichschenke genannt.
Ringsum befanden sich dichte Wälder, die Grenzen des böhmischen Territoriums konnten nicht lückenlos gesichert werden. Diese Vorteile nutzten zahlreiche Schmuggler, Räuberbanden und auch die Einwohner selbst, denn die Notlage der Menschen war groß. Der Warenverkehr über die Grenze wurde durch Zollgesetze besonders erschwert. Man erhob Eingangs- und Durchgangszoll. Vor allem Garne und Salz wechselten den Besitzer, weil es in Sachsen billiger war als in Böhmen. Mitunter wurden sogar ganze Wagenladungen durch organisierte Banden gepanscht.
Zuweilen kam es gar zu Gefechten zwischen Zollwächtern und Schmugglern. Von dieser Zeit erzählt der österreichische Zollverwalter unter dem Pseudonym Artur Booden in seinem Buch "Pascherfriedel", das 1911 im Verlag "Teller und Roßberg" Neugersdorf, herausgegeben wurde.

Erst im Jahr 1849 nahm man einen Geländeauschtausch zwischen Böhmen und Sachsen vor und das Gebiet von Niederleutersdorf, Josefsdorf, Neuwalde sowie Neuleutersdorf kam zu Sachsen. Die Übergabe erfolgte am 12. März 1849 in einem feierlichen Staatsakt im Gerichtskretscham zu Niederleutersdorf (jetzt Seifhennersdorfer Str. 4). Aus diesem Anlaß läuteten die Glocken der Kirche zu Oberleutersdorf (gegenüber der heutigen Gaststätte "Oberkretscham"). Vor dem Vollzug der feierlichen Übergabe veranstalteten sie eine Parade und gaben ein dreimaliges Freudenfeuer ab.
Damit endete für die Bewohner eine unheilvolle Zeit, die viele Erschwernisse gebracht und den Ort in seiner Entwicklung beträchtlich gehemmt hatte. Heute noch erinnern zahlreiche alte Grenzsteine an diese Zeit.